Koray Cakici ist einer der Nachwuchsringer des ASV Alemannia Nackenheim, die im Bundesliga-Dauereinsatz sind. Gegen den KSV Witten muss am Samstag sowohl für den Trainersohn als auch für die gesamte Mannschaft alles passen, um die Hinrunde mit einem Erfolg zu beenden.

Der SV Alemannia Nackenheim hat den Einzug in die Play-offs noch nicht abgeschrieben. Deswegen verzichtet der Ringen-Bundesligist auch nicht auf die Austragung des Nachholkampfes von Ahmed Dudarov beim SC Kleinostheim. Die zehn Punkte Differenz der 8:18-Niederlage in Unterfranken kann Dudarov zwar nicht wettmachen, wenn er am 30. Oktober auf Kevin Schwäbe trifft, aber der SVA baut vor: Sind zwei Mannschaften am Ende punktgleich, entscheidet der direkte Vergleich. Dudarov soll also den Rückstand verkürzen, damit die Nackenheimer diesen Konkurrenten mit einem hohen Rückrundensieg ausstechen können.

Doch zunächst müssen die Alemannen die letzte Hinrundenbegegnung für sich entscheiden, um die Hypothek, die sie jetzt schon mit sich rumschleppen, nicht weiter anwachsen zu lassen. Am Samstag erwarten sie den KSV Witten (Beginn: 19.30 Uhr). „Witten hat auch eine starke Mannschaft, aber sie ist schlagbar“, sagt Trainer Cengiz Cakici. „Wir werden alles daransetzen, dass wir das hinbekommen. Das müssen wir auch.“

Die Gäste belegen mit zwei Punkten mehr den vierten Platz, und ihnen sind in dieser Saison schon einige Überraschungen gelungen. Gegen die beiden Topfavoriten der Nordweststaffel blieben sie zu Hause ungeschlagen: Zum Auftakt bezwangen die Wittener die Red Devils Heilbronn mit 14:13, dem ASV Mainz 88 rangen sie ein 15:15 ab.

Zwei Kreuzbandrisse und ungünstige Termine

Nach dem Duell mit dem KSV können die Nackenheimer zwei Wochen durchschnaufen, ehe sie in der zweiten Halbserie das Feld von hinten aufrollen wollen. „Dann sieht die Welt für uns besser aus“, sagt Cakici. „Wir werden versuchen, alle Kämpfe der Rückrunde zu gewinnen, egal, wie der Gegner heißt.“

Nach dem Stilartwechsel, der für alle Klassen außer dem Weltergewicht gilt, können die Alemannen ihre Ausfälle besser kompensieren. Die Kreuzbandrisse von Neuzugang Florian Losmann und Kubilay Cakici haben sie deutlich geschwächt. „Ohne diese Verletzungen wäre jeder Kampf anders ausgegangen“,sagt der Trainer, der stärker auf seine Nachwuchsringer setzen musste, als ihmlieb war. „Wenn es bei den jungen Buben auf die Kraft ankommt, gerade im Bodenkampf, sind sie noch zu schwach.“

Verschärfend kam die Terminierung der Weltmeisterschaften hinzu. Die Titelkämpfe der Aktiven finden in der übernächsten Woche in Budapest statt, vom 12. bis 28. November folgt in Bukarest die U23-WM. Wegen Vorbereitungsturnieren und Trainingslagern mussten die Nackenheimer wiederholt auf Eldaniz Azizli, Khasan Badrudinov und Roman Asharian verzichten. Tamas Levai und Arkadiusz Kulynycz standen je einmal nicht zur Verfügung. Deshalb befinden sich Talente wie Burak und Bekir Demir, Dean Oehrlein, Danilo Bauer und Koray Cakici im Dauereinsatz.

Meniskus entfernt, Knie stabil

Koray Cakici, der jüngere Sohn des Trainers, ist mit 20 Jahren der Älteste im SVA-Kindergarten. Schon mit drei, vier Jahren sammelte er beim ASV Mainz 88 erste Erfahrungen auf der Matte. Vor rund fünf Jahren wechselte er zur Alemannia, die damals eine Wettkampfgemeinschaft mit dem AC Laubenheim bildete; Trainer war sein Onkel Ahmet Cakici.

Mit dem bisherigen Saisonverlauf ist auch Koray nicht zufrieden. „Die beiden Kreuzbandrisse haben uns enorm geschwächt“, sagt er. „Wären die nicht passiert, würden wir jetzt mit Heilbronn und Mainz 88 um Platz eins streiten.“Junge Leute wie er könnten seinen Bruder und Losmann nicht ersetzen. In der vorigen Saison, ihrem ersten in der Bundesliga, hätten die Nackenheimer Glück gehabt – das habe sich jetzt ins Gegenteil verkehrt.

Von Verletzungspech blieb auch Koray Cakici nicht verschont. Drei Meniskusrisse warfen ihn zurück, mittlerweile ist das Knorpelteil entfernt, das Knie aber ist stabil. Und die laufende Saison ist die erste seit vier Jahren, in der er beschwerdefrei antreten kann. „Ich weiß, wie es ist, wenn man draußen sitzt und zuschauen muss“, sagt er. „Es ist für alle bitter, weil wir wissen, wie stark wir sein könnten.“

Unnötig hohe Niederlagen

Alle seine fünf Duelle im Freistil-Leichtgewicht hat Cakici verloren. Zweimal stand er die vollen sechs Minuten durch und gab drei Mannschaftspunkte ab, dreimal unterlag er vorzeitig. „In den Kämpfen, die ich überhöht verloren habe, hätte ich auch über die Zeit kommen können“, räumt er selbstkritisch ein. „Da hätte ich mich cleverer verhalten können.“

Unnötig, zumindest in der Höhe, sei auch das 1:10 gegen Timo Moosmann vom RC Düren-Merken gewesen. Cakici war mit einem 1:0-Vorsprung in die Pause gegangen. Der Ausgleich nach rund 30 Sekunden in der zweiten Runde wäre noch zu verschmerzen gewesen. „Aber in der letzten Minute bin ich eingebrochen und habe noch neun Punkte abgegeben“, rekapituliert er das ärgerliche Ergebnis. „Die Klasse ist stark besetzt, aber wenn ich schon verliere, muss ich die Niederlagen knapper gestalten.“

Den verletzungsbedingten Trainings- und Wettkampfrückstand will er nicht als Ausrede gelten lassen. „Es ist für mich Neuland“, sagt Koray Cakici. „Ich muss Lehrgeld zahlen, aber ich muss an mir arbeiten.“

Jetzt gegen den Kumpel

Auf seine jeweiligen Gegner bereitet er sich nicht speziell vor. Drei Stunden Videos anzuschauen, ist nicht seine Sache, lieber konzentriert er sich auf seinen Kampfstil. Ein bisschen anders sieht es am Samstag aus, wenn er voraussichtlich auf Ramzan Awtaew trifft. „Ihn kenne ich“, sagt Cakici, „er ist ein guter Kumpel von mir. Ich weiß, was auf mich zukommt.“

Gegeneinander gekämpft haben die beiden noch nicht. Bei Deutschen Jugendmeisterschaften wäre das zwar denkbar gewesen, aber einer schied immer vorzeitig aus. Bis auf ein paar Aufwärmübungen in einem Trainingslager standen sich Cakici und Awtaew auch außerhalb eines Wettkampfs noch nichtgegenüber. „Ramzan ist defensiv sehr stark“, sagt Cakici. „Er kämpft Situationen auch sehr gut aus. Er zappelt nicht rum, sondern ist schon sehr stabil.“ Fünf seiner sechs Kämpfe hat der Wittener gewonnen.

Nicht nur im Fall von Koray Cakici, auch für die gesamte Nackenheimer Mannschaft muss alles passen, um am Samstag als Sieger aus der Halle zu gehen. Die Jungspunde dürfen nicht überhöht verlieren, damit die Asse nicht vergebens stechen. Kulynycz trifft auf den nach sechs Kämpfen ungeschlagen Nico Brunner; der Pole ist dennoch Favorit, doch es kommt auf die Höhe seines Sieges an.

Offen ist der Kampf im 71-Kilo-Limit des Greco. Der Alemanne Ruslan Kudrynets hat, als er noch in der Ukraine lebte, Fevzi Mamutov schon einmal geschlagen. Ein erneuter Sieg wäre wichtig. Erfolge erwartet Cengiz Cakici auch von Robin Ferdinand, Dudarov und Levai.