Der Nackenheimer Nachwuchsringer Dean Oehrlein feiert gegen den KSV Witten seinen ersten Bundesligasieg. Und das auf Schultern. Als Mattenleiter André Schedler zum Zeichen des Schultersiegs abklopfte, sprang Dean Oehrlein auf und rannte quer über die Matte. Sein Weg führte ihn nicht in die eigene Ecke und in die Arme seines Trainers, sondern zu den Zuschauersitzen auf der entgegengesetzten Seite. Über die Leute in der ersten Reihe hinweg, die hastig Platz machen mussten, fiel der 16-Jährige seiner Großmutter um den Hals.

Oehrlein hatte soeben in der Begegnung des SV Alemannia Nackenheim mit dem KSV Witten gegen den ein Jahr älteren Tugkagan Öztürk seinen ersten Bundesligasieg errungen. Und das gleich auf Schultern.

Der Erfolg war überfällig, nachdem er schon zweimal ganz knapp vor einem ähnlichen Ergebnis gestanden hatte. In Lübtheen war es ihm gelungen, Nikolai Mohammadi in die gefährliche Lage zu bringen, wegen blutender Wunden nach einem Zusammenstoß mit den Köpfen musste der Mattenleiter den Kampf jedoch unterbrechen. Oehrlein war um seine Chance gebracht. In Kleinostheim brachte er Jason Markgraf mit einem Kopfhüftzug zu Boden, doch seine Kraft reichte nicht aus, um dessen Brücke einstürzen zu lassen.

Klassische Schleuder

Die Serie verpasster Gelegenheiten schien sich am Samstag fortzusetzen. Mit einer Kopfkippe hatte er Öztürk auf die Matte geschickt. Mindestens zweimal berührte der Wittener mit beiden Schultern den Boden, doch Schedler ließ weiterlaufen. „,Scheiße‘, hab’ ich gedacht“, sagte der junge Alemanne. „Aber es geht weiter. Ich kann es ja noch einmal schaffen.“

Wie vor dem ersten Takedown tastete er sich zunächst wieder an seinen Gegner heran. „Ich wusste aber, dass da was geht. Deswegen habe ich es noch mal versucht.“ Nach dem Kampf wusste er gar nicht, mit welcher Attacke er die entscheidende Aktion eingeleitet hatte. „Ich war zu angespannt, hatte zu viel Adrenalin im Blut“, sagte Oehrlein. „Deswegen habe ich gar nicht darauf geachtet.“ Cengiz Cakici hatte es nicht vergessen. „Das war eine klassische Schleuder“, klärte der Trainer auf.

Öztürk landete erneut auf den Schultern, doch der Mattenleiter zögerte noch immer. Der Wittener wand sich, kam einmal fast aus der Umklammerung heraus, doch aber Oehrlein ließ nicht locker, drehte sich den Gegner wieder zurecht und drückte erneut zu. Diesmal hatte Schedler ein Einsehen und beendete den Kampf. „Die Erleichterung war groß, als der Schiedsrichter abgeklopft hat“, sagte der Alemanne. „Mein erster Sieg – das fühlt sich sehr gut an. Ich habe mich unheimlich gefreut.“

Cengiz Cakici ist begeistert

Im Moment seines Triumphs dachte der junge Athlet in erster Linie anseinen großen Förderer. „Mein Opa, der leider schon gestorben ist, hat immer an mich geglaubt“, sagte Oehrlein. „Er hat mir gesagt, dass aus mir etwas werden kann, wenn ich dabei bleibe.“ Deswegen auch der Jubellauf zur Großmutter. „Meine Großeltern sind die Personen, die mir am nächsten stehen“, sagte der 16-jährige. „Sie haben alles mit mir gemacht.“

Anschließend holte er sich auch die Glückwünsche der Teamkollegen und des Trainers ab. „Es ist eine geile Mannschaft“, sagte Oehrlein. „Hier zu ringen, ist einfach schön.“

Cengiz Cakici war begeistert. „Das war sensationell“, sagte der Trainer. „Sein Gegner war zwar ein Jahr älter, aber Dean war technisch besser. Er ist immer in der Lage, einen Gegner zu schultern.“ Der Coach hatte unter der Woche noch einmal speziell mit dem Jugendlichen gearbeitet, ihn darauf getrimmt, bei seinen Angriffen auch die Hüfte einzusetzen. Die Arbeit hatte sich gelohnt, Oehrlein setzte die Vorgaben maßgenau um.

Der Schultersieg war eigentlich eine Steilvorlage für die Alemannen; die vier Punkte des Greco-Federgewichtlers verschafften ihnen eine hervorragende Ausgangsbasis. Doch da nicht alle Nackenheimer optimal abschnitten, reichte es am Ende nur zum 14:14. Ohne Oehrleins Schultersieg aber wären die Wittener als Sieger nach Hause gefahren.