Auch wenn der Mattenleiter Robin Ferdinand um einen Schultersieg gegen den Olympiasieger bringt: Alemannia Nackenheim gewinnt bei der RKG Reilingen-Hockenheim mit 21:14.

Reilingen. Viel klarer konnte die Situation nicht sein: Taha Akgul hatte Robin Ferdinand am Boden mehrfach gedreht, doch beim letzten Versuch befreite sich der Ringer des SV Alemannia Nackenheim genau in dem Moment, als der Olympiasieger ihn über seinem Körper hatte.

Ferdinand warf sich auf seinen Kontrahenten und drückte ihn mit beiden Schultern auf die Matte. Akgul lag nicht nur Sekundenbruchteile auf dem Rücken, beim Zuschauen schien es eine Ewigkeit. Doch Mattenleiter Mustafa Durak reagierte nicht. „Robin fängt ihn ab, fixiert ihn und hat ihn auf den Schultern“, rekapitulierte SVA-Trainer Cengiz Cakici die Szene nach der Begegnung. „Der Schiedsrichter kniet davor und sieht es ganz genau.“ Vielleicht sei es ja der große Name von Ferdinands Kontrahenten gewesen, der Durak davon abhielt, abzuklopfen und damit die Sensation perfektzumachen.

Cakici: Nur Ferdinand kann Akgul schultern

Cakici sah noch in zwei weiteren Kämpfen unglückliche Entscheidungen des Kampfrichters zu Ungunsten der Nackenheimer. Doch der Trainer wollte nicht erneut am Unparteiischen herummäkeln. Seine Mannschaft hatte bei der RKG Reilingen-Hockenheim 21:14 gewonnen, liegt als Tabellenzweiter der Bundesliga-Nordweststaffel jetzt mit vier Punkten Vorsprung vor dem Drittplatzierten und die nächsten Verfolger und liegt weiter klar auf Play-off-Kurs.

„Unterm Strich war es eine klare Angelegenheit“, sagte Cakici. „Wir hatten unsere Siegringer dabei, und die haben gepunktet.“ Ärgerlich war die Fehlentscheidung im Freistil-Schwergewicht dennoch, denn der Nackenheimer Trainer hatte seinen Schützling auf exakt auf solche Situationen vorbereitet. „Dieses Abfangen kann in Deutschland nur Robin“,sagte Cakici. „Ich hatte ihm vor dem Kampf gesagt: Du bist der einzige, der Akgul schultern kann.“ Als es dann so weit war, versagte der Mattenleiter Ferdinand den verdienten Lohn.

Was hat der Mattenleiter (nicht) gesehen?

Natürlich war der mehrmalige Welt- und Europameister von Beginn an marschiert, hatte den Nackenheimer mit Beinangriffen zu Boden gebracht und auf der Matte nachgelegt. Doch schon als Akgul seine ersten Wertungen einstrich, war es zu einer ähnlichen Szene gekommen. Ferdinand befreite sich in der Drehung aus der Umklammerung und lag über dem Reilinger. Doch diese Situation war nicht so eindeutig wie jene anderthalb Minuten später, denn Akgul drehte sich schnell wieder aus der gefährlichen Lage heraus. Dass der Mattenleiter nicht abklopfte, war nachvollziehbar. Was er bei Ferdinands zweitem Husarenstreich (nicht) gesehen hatte, blieb sein Geheimnis. Dass der Alemanne letztlich technisch überhöht verlor, war dann keine Überraschung mehr.

Kudla kämpft sich eindrucksvoll zurück

Es war nicht der einzige spektakuläre Kampf am Samstagabend. Denis Kudla lag im Greco-Halbschwergewicht bei seiner Saisonpremiere gegen den türkischen WM-Teilnehmer Süleyman Demirci 0:5 zurück und gewann noch 6:5. „Demirci ist ein richtig starker Ringer, ein Topmann“, sagte Cakici. „Beeindruckend, wie Denis den Kampf noch gedreht hat, obwohl er zehn Kilo leichter ist.“ Kudla musste nach einer Passivitätsverwarnung in der ersten Runde in die Bodenlage und konnte sich wegen der überlegenen Kraft seines Gegners nicht dagegen wehren, gedreht zu werden. „Klar, war diese Situation gefährlich“, sagte sein Trainer. „Ich wusste aber, dass Denis auch noch seine Chance bekommt.“ Demirci habe schon nach drei Minuten geschnauft, Kudla aber könne aber, wenn nötig, zehn oder zwölf Minuten marschieren. Der Reilinger musste in der zweiten Runde in die Bodenlage, und Kudla nutzte die Gelegenheit trotz des Gewichtsnachteils. Später schob er seinen Kontrahenten noch einmal aus der Kampfzone, und fertig war das 6:5. „Ich hatte mit einem Sieg von Denis gerechnet“, sagte Cakici. „Dass er 0:5 zurücklag, war ein ungewohntes Bild. Aber er ist bombastisch zurückgekommen.“ Allein dieser Kampf sei schon das Eintrittsgeld wert gewesen.

Lyzen benachteiligt

Auch eine Niederlage Kudlas, selbst mit zwei Punkten, hätte nichts am Mannschaftserfolg der Rheinhessen geändert. Roman Asharin, Tamas Levai, Ruslan Kudrynets, Ahmed Dudarov und Kubilay Cakici gewannen vorzeitig und trugen je vier Punkte zum Ergebnis bei; diese 20 Zähler reichten zum sicheren Sieg. „Die Vierer waren eingeplant“, sagte der Trainer. „Für unsere drei Gewichtmacher, Ruslan, Kubi und Viktor Lyzen war es ein guter Einstieg in die Rückrunde.“ Lyzen wurde auch etwas vom Schiedsrichter benachteiligt, sonst hätte seine Niederlage zumindest knapper ausfallen können als 1:5. Dass Burak Demir und Hakan Cakici keine Punkte holen würden, war absehbar.