Fünf Punkte Vorsprung nach neun Duellen: Die Nackenheimer Ringer verzichten beim RV Lübtheen auf einen möglichen Nachholkampf und gewinnen 17:16.

Tamas Levai ersparte seinem Mannschaftskollegen Ahmed Dudarov eine einsame Fahrt nach Mecklenburg, die eine geraume Zeit drohte. Im abschließenden Kampf der Bundesligabegegnung beim RV Lübtheen lag der Ringer des SV Alemannia Nackenheim gegen Frederik Bjerrehuus nach der ersten Runde 0:5 zurück.

Wäre es dabei geblieben, hätten die Gastgeber nach neun ausgetragenen Duellen mit 14:13 geführt, und Dudarov, der bei einem Lehrgang der deutschen Nationalmannschaft in Russland weilte, hätte die Reisestrapazen auf sich nehmen müssen, um seinem Team in einem Nachholkampf doch noch den Sieg zu retten. Das erledigte sich in dem Moment, in dem Levai seinen Kontrahenten schulterte, die Führung auf 17:12 ausbaute und damit alle Eventualitäten beseitigte. Guten Gewissens konnten die Nackenheimer direkt im Anschluss dem Kampfrichter mitteilen, dass sie auf den Nachholkampf verzichten – damit standen sie als 17:16- Sieger fest.

„Ich wusste, dass es knapp werden würde“, resümierte Abteilungsleiter Ralf Wagner den Abend. „Die Lübtheener sind heimstark, die haben schon eine guteMannschaft auf die Matte gebracht.“ Seine beiden Auswärtskämpfe hatte der RVjeweils klar verloren, doch das Team, das die Nackenheimer empfing, war deutlich besser besetzt als das der Vorwochen. Das lautstarke Publikum leistete zudem akustische Schützenhilfe.

Zu hohe Hürde für Bekir Demir

Welt- und Europameisterschaftsteilnehmer Lennard Wickel gab im 80-Kilo-Limit des Freistils ebenso sein Saisondebüt für die Gastgeber wie Bjerrehuus im Greco-Weltergewicht. Wickel war für Bekir Demir eine Nummer zu groß. „Lennard ist ein Spitzenmann“, erläuterte Wagner. „Er hat schon etliche Medaillen bei Deutschen Meisterschaften geholt. Die Hürde konnte Bekir nicht nehmen.“ Nachweniger als zwei Minuten stand die technisch überhöhte Niederlage des 18-jährigen Nackenheimers fest.

Auch Bjerrehuus ist eine Hausnummer; der 28 Jahre alte Däne hat zahlreiche Podestplätze bei großen internationalen Turnieren errungen und belegte bei den diesjährigen Europameisterschaften den fünften Rang. Mit Levai lieferte er sich einen hochklassigen, aktionsreichen Kampf.

Nach einer Passivitätsermahnung musste der neun Jahre jüngere Ungar in die Bodenlage, Bjerrehuus hob ihn an, Levais Konterversuch kam um Sekundenbruchteile zu spät – er flog auf die Matte und lag 0:5 hinten. „Das war erst einmal ein Schock“, sagte Wagner. „Aber Tamas behält immer die Ruhe. Daszeichnet einen Spitzenmann aus, dass er einen Rückstand aufholen kann.“

Neuzugang Asharin erfolgreich

Levai beschäftigte seinen Gegner und setzte ihn permanent unter Druck. „Wenn duso bearbeitet wirst, brichst du irgendwann ein“, verdeutlichte der SVA- Abteilungsleiter. Der Ungar hatte schon auf 3:5 verkürzt, als ihm nach viereinhalb Minuten die entscheidende Aktion gelang: Er drehte Bjerrehuus am Boden undfixierte ihn auf den Schultern. „Es macht großen Spaß, Tamas zuzuschauen“, sagte Wagner. „Mit seinen 19 Jahren ist er sogar noch ausbaufähig.“

Auch die Nackenheimer schickten einen neuen Mann auf die Matte. Levais gleichaltriger Landsmann Roman Asharin gab im Freistil-Leichtgewicht sein Bundesligadebüt. Wagner hatte zahlreiche Videos des Neuzugangs gesehen und ihn im Training beobachtet. In Lübtheen erlebte er ihn zum ersten Mal live im Einsatz. Asharin ging gegen den ehemaligen Deutschen Meister Emanuel Krause in der ersten Runde 2:0 in Führung und baute diese nach der Pause auf 6:0 aus.

In der Schlussminute musste er zwar eine Zweierwertung zulassen, was aber nichtsdaran änderte, dass Asharin zwei Mannschaftspunkte einsackte. „Roman erfüllt unsere Erwartungen absolut“, sagte Wagner. „Er hat zwar nicht hoch, abersouverän gewonnen. Er ist sehr talentiert.“

Kudrynets sorgt für einen Höhepunkt

Ein Höhepunkt des Abends war das Duell in der 71-Kilo-Klasse des Greco zwischen dem Nackenheimer Ruslan Kudrynets und Andrej Ginc, dem frischgebackenen Junioren-Europameister. Mit 9:0 fegte Kudrynets seinen Kontrahenten von der Matte. Anreißer, Durchdreher, Ausheber – der Alemannezeigte sein volles Repertoire. „Das war absolut top“, schwärmte Wagner. „Hut ab, Ruslan wird von Kampf zu Kampf stärker.“

Nicht nur Levai, auch Robin Ferdinand und Arkadiusz Kulynycz fuhren dasmaximale Ergebnis ein. „Robin ist die Zuverlässigkeit in Person“, lobte Wagner. „Er war zu jeder Zeit Chef auf der Matte.“ Ferdinand sei in blendender Verfassungund in dieser Form nur schwer zu bezwingen. Kulynycz traf zwar auf keinen Spitzenmann, doch wie der Pole die Greco-Stilart interpretiert, ist eineAugenweide. „Das macht Spaß“, sagte der Abteilungsleiter. „Das war Werbung für das Ringen.“

Oehrlein kurz vor der Sensation

Dean Oehrlein verlor im Greco-Federgewicht zwar technisch überhöht, hätte aber um ein Haar seinen Gegner geschultert. Bei der Aktion, mit der er Nikolai Mohammadi zu Boden brachte, rasselten die Kontrahenten mit den Köpfen zusammen und zogen sich Platzwunden zu. Der Lübtheener war in der gefährlichen Lage, doch der Mattenleiter musste den Kampf unterbrechen, um die Wunden versorgen zu lassen.

Noch einmal bot sich Oehrlein eine solche Chance nicht. „Schade“, sagte Wagner, „Dean stand kurz vor einer kleinen Sensation. Ich hätte mich für den Jungengefreut.“

Burak Demir und Danilo Bauer hielten ihre Niederlagen in Grenzen und trugen damit ihren Teil zum Mannschaftssieg bei. Mit 4:2 Punkten liegen die Nackenheimer als Tabellenvierter gleichauf mit dem zweitplatzierten SC Kleinostheim und dem TV Aachen-Walheim und behalten den Play-off-Einzug im Blick.