Das Verletzungspech bleibt den Ringern des SV Alemannia Nackenheim treu. Nachdem der Verein schon in der vorigen Saison, seiner ersten in der Bundesliga, zahlreiche Ausfälle zu beklagen hatten, hat sie kurz vor der neuen Runde ein weiterer herber Verlust getroffen: Kubilay Cakici, der Deutsche Meister im Freistil-Weltergewicht (74 Kilo) und Leistungsträger im Nackenheimer Team, hat sich die Kreuzbänder gerissen und fällt für die komplette Saison aus.

„Das ist in erster Linie sehr bitter für ihn“, sagte Cengiz Cakici, Vater des Sportlers und Trainerdes SVA. „Für uns ist es auch sehr bedauerlich. Das wirft meine ganze Planung durcheinander.“

„Kubi“ klebt in diesem Jahr das Pech an den Ringerschuhen. Die Europameisterschaften mussteer krankheitsbedingt absagen, jetzt kann er auch nicht an den Weltmeisterschaften teilnehmen, die vom 20. bis 28. Oktober in Budapest stattfinden. Ein bisschen Galgenhumor ist seinem Vater geblieben, wenn er darauf verweist, dass der 25-Jährige im Kalenderjahr noch ungeschlagen ist…Die letzten Kämpfe der vorigen Bundesligasaison gestaltete Kubilay Cakici erfolgreich, danach nahm er nur noch an zwei Wettbewerben teil: An einem gut besetzten Turnier in Kuba und an der DM. Beide beendete er als Sieger.

Der Verantwortung gerecht werden

„Ich bin sicher, Kubi kommt stärker denn je zurück“, sagt der Vater. Adäquaten Ersatz für die anstehenden Bundesligakämpfe kann er nicht aufbieten. „Wir haben trotzdem einen breiten Kader, der sehr stark ist“, sagt der Nackenheimer Trainer. „Wir sind immer noch gut genug, umbestehen zu können.“

Durch Kubilay Cakicis Ausfall rückt Danilo Bauer stärker in den Fokus. Das Nackenheimer Eigengewächs ist bereit, in die Bresche zu springen. „Da bekomme ich viel Verantwortung übertragen“, sagt der 19-Jährige, „der kann ich gerecht werden und ein klein bisschen in Kubis große Fußstapfen treten.“

Mit Verletzungen kennt sich der Nachwuchsmann auch schon aus. In den vergangenen beiden Jahren musste er sich jeweils einer Meniskusoperation unterziehen, lädiert war beide Male das linke Knie. Die Angst vor einer erneuten Blessur ringt bei ihm aber nicht mit, zumal der Meniskus inzwischen entfernt wurde.

Ringen ist Familientradition

Die Entscheidung für das Ringen liegt in der Familientradition. Vater Stephan Bauer ist Sportlicher Leiter der Alemannen, auch Danilo arbeitet im Verein mit. Der Absolvent der IGS Bretzenheim leistet beim SVA ein Freiwilliges Soziales Jahr ab.

Für den Bundesligakader bringt er als Eigengewächs eine günstige Punktzahl mit, was in dieser Saison von großer Bedeutung ist. Bauer ist ein „Minus-Zweier“, das heißt, er drückt dieGesamtsumme, die 28 nicht überschreiten darf, um zwei Zähler. Doch als Kandidat, der nur aufgestellt wird, damit in anderen Klassen mehr Topathleten antreten können, sieht er sich nicht. „In der vorigen Saison wurde ich ins kalte Wasser geworfen“, sagt Bauer. „Jetzt ist mein Ziel, langsam in der Bundesliga anzukommen. Ich gehe nicht nur auf die Matte, um möglichst wenigPunkte abzugeben.“

Einen Sieg in der Eliteklasse hat er noch nicht vorzuweisen. Doch es gibt Indizien, dass er nicht mehr weit von der Premiere entfernt ist. Im Heimkampf gegen den VfL Neckargartach verlor Bauer in der vorigen Runde gegen den Serben Zaur Efendiev, seines Zeichens EM-Fünfter, lediglich mit 6:10. „Das war ein Lichtblick und ein Zeichen, dass nicht mehr so viel zur Spitze fehlt“, sagt der 19-Jährige. Bei der DM im Juni in Aschaffenburg unterlag er dem elf Jahreälteren Felix Menzel vom Luckenwalder SC mit 7:13. „Das war eigentlich eine gute Generalprobe.“

Ohne Pause durchtrainiert

Eine Trainingspause hat Bauer nicht eingelegt, unmittelbar nach Saisonende ging es schonweiter. „Wir haben eigentlich gar nicht aufgehört“, sagt er. „Von der Vorbereitung auf die DM ging es nahtlos über in die Vorbereitung auf die Bundesliga.“ Drei- bis fünfmal pro Woche traf sich die Trainingsgruppe in der Ringerhalle. Ein Trainingslager haben die Alemannen nichtabsolviert, doch das hat nichts zu heißen. „Gerade sonntags haben wir echt hart gearbeitet“, sagt Bauer. „Ich habe das Gefühl, fit zu sein.“

Wie sein Trainer geht auch der Nachwuchsmann zuversichtlich in die Saison. „Ziel ist dasErreichen der Play-offs“, sagt er. „Wenn wir das schaffen, ist vieles möglich.“ Daran ändert auch der Ausfall von Kubilay Cakici nichts. „Das können wir in anderen Gewichtsklassenkompensieren“, sagt Bauer. „Wir haben eine starke Deutsch-Achse. Gerade Ahmed Dudarov istein sehr guter Neuzugang.“

Zum Auftakt geht es am Samstag zum erfolgsgewohnten Nachbarn ASV Mainz 88. „Darauf freutsich jeder, mit einem solchen Derby in die Saison einzusteigen“, sagt Danilo Bauer. „Als erster Kampf ist das aber auch schwer. Da wird schon mal die Richtung vorgegeben.“