Für die Verantwortlichen des SV Alemannia Nackenheim war der vergangene Samstag ein rabenschwarzer: Die Abmeldungen der Ringer, die am Abend im Lokalderby dem ASV Mainz 88 gegenübertreten sollten, mehrten sich. Entsprechend herb fiel die Niederlage mit 3:24 Punkten aus. Wer jetzt Katerstimmung vermutet, liegt jedoch falsch: Das Saisonziel, die Play-off-Runde zu erreichen ist noch immer machbar.

Wer die Ringerszene kennt, der hätte den Nackenheimern kaum realistische Chancen auf einen Sieg in der Halle am Großen Sand eingeräumt; zu gut, breit und variabel ist der Kader der 88er aufgestellt. Obwohl die Neulinge in der Bundesliga schon gerne dem Deutschen Mannschaftsmeister von 2012 ein Bein gestellt hätten. Doch es kam alles anders:

Trainer Cengiz Cakici musste die geplante Mannschaft kurzfristig völlig umstellen: Khasan Khusein Badrudinov stand wegen eines Lehrganges in Russland nicht zur Verfügung, Ersatzmann Khalid Al-Faraj ist am Freitag Vater geworden und sagte daher seinen Einsatz ab. Ibrahim Fallacara ist noch immer krank und Koray Cakici verletzt, in dieser Woche steht für ihn die lange geplante Knie-Operation auf dem Programm. Auch Wladimir Berenhardt gab erkältungsgeschwächt nur bedingt sein OK. Somit stand Cakici lange vor Antritt beim Gastgeber ASV Mainz 88 vor einer schier unlösbaren Aufgabe: Wen kann er überhaupt einsetzen?

Einmal mehr zeigte sich bei den Ringern das bekannte Musketier-Motto: Einer für alle. Alle für Einen. Sofort rückten die Sportler aus der zweiten Mannschaft nach, um zumindest eine formelle Niederlage von 0:40 Punkten abzuwenden. Vor knapp 1000 Zuschauern wehrten sie sich nach Kräften, doch die Gegner von Lucas Günther, Ahmed Al-Faraj, Bekir Demir und Tamerlan Paschajew waren überwiegend Sportler mit vielen nationalen und internationalen Erfolgen und damit mehr als eine Nummer zu groß für die Nackenheimer Eigengewächse. Vor eine unlösbare Aufgabe gestellt sah sich im Schwergewicht, griechisch-römischer Stil, auch Robin Ferdinand. Mantas Knystautas, Militär-Weltmeister 2017, wusste seine körperliche Überlegenheit und den Gewichtsunterschied von 15 Kilogramm entscheidend für sich zu nutzen: Am Ende hatte er mit 5:0 Punkten die Nase vorn. Im  darauffolgenden Kampf ließ Bayram Shaban sich von der Angriffslust  des Mainzers Niklas Dorn völlig überrumpeln: Gleich zweimal fand er sich als Untermann auf der Matte wieder. Und gleich zweimal setzte Dorn punktebringende Beinschrauben an. Das Ergebnis von 0:16 Punkten  und eine Kampfzeit von gerade mal einer Minute und 23 Sekunden waren für Shaban mehr als ernüchternd. Arkadiusz Kulynycz fand gegen Tadeusz Michalik besser in den Kampf, führte über eine lange Zeit mit 2:1 Punkten,  bis Michalik in der letzten Minute einen kampfentscheidenden Konter setzte,  mit 2:5 in Führung ging und diese bis zum Schlussgong nicht mehr abgab. Wladimir Berenhardt gelang es, Ruslan Kudrynets in Schach zu halten und damit fiel seine Niederlage mit 2:4 Punkten zwar schmerzlich, dennoch erträglich aus.

Für die einzigen Lichtblicke an einem aus Nackenheimer Sicht eher tristen Kampftag sorgten Kubilay Cakici und Zoltan Levai. Tim Müller fehlten gegen Cakici die Mittel, auch nur annähernd an Punkte zu kommen. Cakici indessen verfügte über mehr Einfallsreichtum und seine blitzschnellen Attacken brachten Müller in Bedrängnis. Seiner Mühe Lohn: Ein Sieg mit 6:0 Punkten. Im letzten Kampf des Abends (die 88er standen schon zu Beginn der Halbzeit als uneinholbare Sieger fest) lieferten sich Zoltan Levai und Balint Korpasi nichtsdestotrotz ein erbittertes Gefecht auf hohem technischen Niveau: Wertungstechnische Punkte fielen in der gesamten Kampfzeit von sechs Minuten nicht, so dass letztlich die ausgesprochenen Passivitätsverwarnungen als Zünglein an der Waage dienen mussten. Levai erhielt den letzten Punkt und verließ damit als glücklicher Sieger die Matte.

Stephan Vielmuth, Vorsitzender der Alemannen, war zwar enttäuscht über das doch sehr deutliche Ergebnis. Doch für ihn gilt: Nach dem Kampf ist vor dem nächsten Kampf und obwohl es wohl kaum möglich sein wird, den TuS Adelhausen in dessen eigener Halle zu schlagen, hofft er dennoch auf eine faustdicke Überraschung.

Bericht Ingrid Ferdinand


Quelle: Liga-Datenbank